Du bezeichnest dich als Referentin für Naturkosmetik und Mikroplastik. Auf den ersten Blick erschließt sich für den Laien nicht unbedingt, welche Verbindung da besteht. Kannst du das erläutern?
Die wichtigste Verbindung besteht darin, dass in Naturkosmetik kein Mikroplastik enthalten sein darf. Für mich war das einer der Gründe, mich mit selbst hergestellter Naturkosmetik zu beschäftigen. Ich konnte einfach nicht mehr ignorieren, in wie vielen konventionellen Produkten Mikroplastik zu finden ist. Heute kenne ich mich mit beiden Themen so gut aus, dass ich mein Wissen so vielen Menschen wie möglich weitergeben möchte.
Ist es denn die Zahl der Drogerie-, Pflege- und Kosmetikprodukte, in denen Mikroplastik enthalten ist, tatsächlich so hoch?
Es gibt sehr, sehr viele Produkte, in denen Mikroplastik enthalten ist. In Deutschland wird ja auf die freiwillige Selbstverpflichtung gesetzt, die leider so gar nicht funktioniert. Die Drogeriemarktkette dm zum Beispiel hat bereits 2014 bekannt, bei den eigenen Produktlinien ganz auf Mikroplastik zu verzichten. Aber bis heute ist es in weit über 80 Artikeln immer noch enthalten.
Aber warum ist das schlimm? Welche negativen Folgen hat Mikroplastik?
Grundsätzlich ist es so, dass Mikroplastik für uns selber keinen Nutzen hat. Es hilft in erster Linie der Industrie. Denn Mikroplastik ist ein billiger Füllstoff, der ursprünglich aus Erdöl hergestellt wird. Verwendet wird es unter anderem, weil es einen Peeling-Effekt hat und die Konsistenz erhöht. In manchen Produkten sieht man farbige Kügelchen, die dem Konsumenten das Gefühl geben sollen, das Produkt sei besonders effektiv oder besonders reinigend. Das klingt erstmal gut. Das Problem ist nur, dass Mikroplastik über den Abfluss und die Abwässer in unsere Flüsse gelangt und danach ins Meer. Denn Kläranlagen sind nur eingeschränkt in der Lage, es aus dem Wasser zu filtern. Dort wirkt es wie ein Magnet auf Gift- und Schadstoffe, die sich an den Partikeln anlagern und die in Deutschland zum Teil längst gesetzlich eingeschränkt oder verboten sind, wie das Insektizid DDT oder PCB. Letztlich landet das Mikroplastik dann bei den Fischen und anderen Meerestieren, die sie für Futter halten. Das ist ziemlich schlimm, denn es gibt neue Studien und Forschungen, die zeigen, dass die Tiere dadurch krank werden. Zum Beispiel sinkt die Fortpflanzungsrate bei Austern. Im Fall von Muscheln wurde von Forschern bewiesen, das Mikroplastik sogar in der Lage ist, durch das Gewebe hindurch zu wandern. Das heißt, wer Fisch und Meeresfrüchte isst, der nimmt unweigerlich auch Mikroplastik auf. Die Folgen für den Menschen sind zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht eingehend erforscht.
Reicht es dann nicht einfach, dass ich auf Meeresfrüchte und Fische verzichte, um kein Mikroplastik zu mir zu nehmen?
Leider nein. Es ist vielmehr sehr realistisch, dass wir Mikroplastik auch auf andere Weise konsumieren. Eine experimentelle Untersuchung aus Schottland zum Beispiel hat kürzlich ergeben, dass wir pro Mahlzeit durchschnittlich bis zu 114 Partikel zu uns nehmen. Das sind auf das Jahr hochgerechnet über 80.000 Stück. Andere Studien belegen, dass wir Mikroplastik sogar einatmen, weil es sich über den Hausstaub in der Luft verteilt. Wissenschaftler vermuten, das dies unter anderem von Kunstfaserteppichen verursacht wird. So ganz genau weiß man es aber noch nicht. Eine andere Quelle ist unsere Kleidung, die meistens aus Mischgewebe besteht, wo anstelle von Baumwolle Polyester-Gewebe verwendet werden. Da ist die Bekleidungsindustrie der Schuldige. Und natürlich der unwissende Konsument, der Teil des Kreislaufs ist.
Jetzt hast du dir ja den Bereich Kosmetik ausgesucht. Würdest du da sagen, dass alles, was Mikroplastik leisten kann, ersetzbar ist durch andere Stoffe?
Ja, natürlich. In der Naturkosmetik ist das selbstverständlich. Wir brauchen Mikroplastik nicht. Mikroplastik ist völlig überflüssig. Zum Beispiel kann man den Peeling-Effekt, den Mikroplastik bewirken soll, auch durch Kaffeepulver herstellen. Hinzu kämen direkt noch weitere positive Effekte, denn Koffein fördert die Durchblutung und das Haarwachstum. Ein Gesichtspeeling mit Mandelmehl oder Kokosflocken ist zusätzlich noch feuchtigkeitsspendend und rückfettend. Das kann Mikroplastik alles nicht leisten.
Wenn sich Mikroplastik so leicht ersetzen lässt, warum verwendet die Industrie dann nicht einfach die passenden natürlichen Inhaltsstoffe?
Das ist ganz einfach. Es ist billiger. Und das ist nun mal der Hauptfokus der Industrie, ihren Profit auf das Maximum zu erhöhen. Ich persönlich finde es völlig unverständlich, dass Mikroplastik weiterhin aus reiner Profitgier in so vielen Produkten zum Einsatz kommt, obwohl die Gefahren mittlerweile seit über 10 Jahren bekannt sind. In konventionellen Sonnencremes zum Beispiel ist immer Mikroplastik enthalten. Wenn der Konsument dann im Meer oder in einem See baden geht, landen die Partikel direkt bei den Fischen. Hinzu kommt noch, dass die chemischen Filter wie Octinoxate oder Oxybenzone massiven negativen Einfluss auf die Meeresbewohner und Korallenriffe haben. Auf Hawaii zum Beispiel wurden die schönen bunten Korallenriffe in tote Mondlandschaften verwandelt.
Wir schaden also der Umwelt, wir schaden uns selber – war das dein Ansatz zu sagen, ich will das jetzt nicht mehr?
Genau. Ich hatte am Anfang die Motivation, meinen Körper vor schädlichen Inhaltsstoffe zu schützen. Je tiefer ich in das Thema Naturkosmetik einstieg, desto mehr kristallisierte sich heraus, wie sehr die Umwelt durch Naturkosmetik entlastet und geschützt wird. Als positiver Zusatzeffekt stellte sich dann aber noch heraus, dass ich mir auf diese Weise Produkte selbst zusammenstellen kann, die wirklich perfekt zu meinen individuellen Bedürfnissen passen. Das ist etwas, worauf die Industrie keine Rücksicht nehmen kann. Unsere Haut ist bei jedem Menschen unterschiedlich. Bei Haaren gilt das Gleiche: Es gibt Shampoos gegen fettige Haare oder trockene oder schuppige. Aber gibt es auch Shampoo für fettige feine Haare oder trockene dünne Haare oder schuppige und lockige Haare? So individuell kann man bei industrieller Massenproduktion überhaupt nicht vorgehen. Wenn ich mir aber mein Shampoo selbst herstelle, ist das absolut möglich. Ich schaffe mir sozusagen mein eigenes maßgeschneidertes Produkt. Und ich finde, das bietet einen ganz großen Mehrwert.
Beruht das auf Erfahrungswerten oder gibt es da Standards, welche Stoffe in welcher Form wirken?
Die Inhaltsstoffe, die in der Naturkosmetik zum Einsatz kommen, sind unter anderem Kräuter und Öle, die seit Jahrhunderten verwendet werden, und deren Nutzen ist bestens bekannt. Warum sollte man dieses alte Wissen nicht auch heute nutzen und gewinnbringend für uns und die Umwelt einsetzen? Ich denke, man fährt da viel besser mit. Denn auch wenn wir unseren Körper oft als viel zu selbstverständlich nehmen, ist er sehr wertvoll. Er trägt uns durch unser gesamtes Leben. Und deshalb sollten wir gut und achtsam mit ihm umgehen. Unser größtes Organ ist die Haut. Und sie ist durchlässig für gute wie schädliche Inhaltsstoffe gleichermaßen. Wenn man sich zum Beispiel mit einer Bodylotion eincremt, die einen Großteil an Wasser enthält, sind dementsprechend viele Konservierungsstoffe drin, damit das Produkt auch ein Jahr hält. Und diese Konservierungsstoffe werden dann von der Haut aufgenommen. Das kann nicht gut sein. Hinzu kommt, dass oftmals keine hochwertigen Öle verwendet werden, sondern billige Paraffinöle. Paraffine sind ein minderwertiges Abfallprodukt der Erdölindustrie. Und… wer hätte das gedacht? Paraffine sind nicht biologisch abbaubar und somit eine Belastung für die Umwelt. Aber nicht nur das. Sie stehen auch im Verdacht, sich im Fettgewebe, in der Niere, der Leber und den Lymphknoten abzulagern. Sie verschließen die Poren und beeinträchtigen den gesamten Stoffwechsel der Haut. Ich könnte noch mehr aufzählen, aber das würde vielleicht den zeitlichen Rahmen sprengen.
Ist man mit Naturkosmetik denn immer auf der sicheren Seite?
Nicht generell. Naturkosmetik ist nicht immer gleich gut. Auch hier gibt es große Unterschiede bezüglich der Qualität. Es gibt unterschiedliche Siegel, die etwas Klarheit in den Kosmetikdschungel bringen. Das BDIH-Siegel ist zum Beispiel nicht so streng wie das NATRUE-Siegel. Wenn man sich da nicht auskennt, ist das schwer zu durchschauen. Auch können die wenigstens Konsumenten die Liste von Inhaltsstoffen deuten, die auf den Packungen deklariert sind. Hinzu kommt, dass es sehr viele Kosmetikfirmen gibt, die mit ihrem natürlichen Image werben, letztlich aber überhaupt keine Naturkosmetik anbieten, sondern weitestgehend koventionelle Inhaltsstoffe verwenden.
Wenn also jemand unter deiner Anleitung Kosmetik herstellt, hat er zum einen die Garantie, dass keine schädlichen Stoffe enthalten sind, und zum anderen kann er das jeweilige Produkt an seine persönlichen Bedürfnisse anpassen?
Genau, in meinen Kursen kann man sich ganz persönliche und individuelle Kosmetik- und Körperpflegeprodukte selber herstellen, die optimal zum eigenen Haut- und Haartyp passen. Zum Beispiel kann jeder Teilnehmer sein Deo anpassen, je nachdem, wie stark er schwitzt.
Wie genau sieht der Ablauf eines Workshops aus?
Ein Workshop besteht immer aus einem Theorieteil und einem Praxisteil. Da unterscheide ich mich von anderen Anbietern, weil ich sehr viel Wert auf Wissensvermittlung lege. Ich kläre auf, welche Risiken von konventioneller Kosmetik ausgehen können und warum es Sinn macht, seine Naturkosmetik selbst herzustellen. Es tut einfach gut, Klarheit zu haben und zu wissen, welche Zutaten in meiner Kosmetik vorhanden sind. Wer bei mir eine Veranstaltung besucht, wird entsprechend sensibilisiert sein und die Dinge mit anderen Augen sehen. Darüber hinaus wird bei mir Wissen über natürliche Inhaltsstoffe, Wirkstoffe und Öle vermittelt, damit meine Teilnehmer und Teilnehmerinnen lernen, welche Zutaten in ihren Produkten enthalten sind. Nicht zuletzt lernt man bei mir auch, was man beachten muss, wenn man Kosmetik selbst herstellt, angefangen bei den Arbeitsmaterialien bis hin zur Hygiene, Lagerung und Haltbarkeit.
Hygiene ist also auch ein Thema. Herkömmliche Kosmetik stelle ich ja einfach in den Schrank. Ist das bei Naturkosmetik anders?
Bei selbst hergestellter Naturkosmetik ist es besonders wichtig, dass man hygienisch arbeitet, damit die Produkte nicht schnell verkeimen. Im Vorfeld kümmere ich mich darum, dass die Arbeitsmaterialien hygienisch und sauber sind, zum Beispiel die Glasbehälter. Plastik gibt es selbstverständlich keins. Ich versuche zudem, Rezepte auszuwählen, die kein Wasser enthalten. Alternativ setze ich auf natürliche Konservierungsmittel zum Beispiel durch Vitamin E. Oder ich füge den Produkten ätherische Öle hinzu, die eine antibakterielle, antivirale und antifungizide Wirkung haben. Aber auf der anderen Seite ist es auch so, dass ich ganz bewusst darauf hinweise, dass bestimmte Produkte nur zwei Wochen haltbar sind und in der Zeit verbraucht werden müssen. Ich möchte damit vermitteln, dass es besser ist, ein Produkt in ein oder zwei Wochen aufzubrauchen, anstatt sich eines in den Schrank zu stellen, was voll mit Chemie ist, dafür aber ein Jahr hält. Wenn wir uns selbst Essen zubereiten, erwarten wir ja auch nicht, dass es nach einem halben Jahr noch frisch und lecker ist. Warum sollte das bei Kosmetik anders sein?
Das ist ja schon sehr profundes Wissen, das du da bietest. Wie kam es denn eigentlich überhaupt dazu, dass du dich so detailliert mit dem Thema beschäftigt hast?
Der Beginn war in meiner Zeit, als ich in der Altenpflege gearbeitet habe. Ältere Menschen haben oft eine sehr empfindliche und dünne Haut. Damals habe ich angefangen, die verwendeten Pflege- oder auch Medizinprodukte infrage zu stellen. Salben enthalten oft Paraffin als Grundlage. Paraffin verschließt aber die Poren und behindert den Stoffwechsel der Haut. Das Ganze hat sich letztendlich verschärft, als ich schwanger wurde und erfuhr, dass Konservierungsstoffe oder Bestandteile, die eine hormonähnliche Wirkung haben, bei Schwangeren oder bei Stillenden auf den Körper, auf die Muttermilch und sogar auf das ungeborene Kind übergehen können. Und das hat mich so schockiert, dass ich angefangen habe, Dutzende von Büchern zu wälzen und mich sehr intensiv damit zu beschäftigen, welche Schadstoffe in Kosmetik enthalten und welche Produkte ungefährlich sind. Irgendwann gab es zu selbst hergestellter Kosmetik keine Alternative mehr. Je mehr Erfahrung ich sammelte, desto mehr wurde mir bewusst, dass ich nicht abhängig von der Kosmetikindustrie bin. Und weil das Interesse in meinem Freundes- und Bekanntenkreis immer größer wurde, wenn ich von meinen eigenen Produkten erzählte, habe ich mich irgendwann dazu entschieden, dieses Wissen auch professionell weiterzugeben.
Ist das nur ein Trend, oder hat das Thema langfristig Zukunft?
Ich gehe davon aus, dass es immer verschiedene Sparten geben wird. Konventionelle Kosmetik auf der einen und Alternativen dazu auf der anderen Seite. Selbst wenn Mikroplastik irgendwann einmal weltweit gesetzlich verboten sein sollte, wird die Industrie auf einen anderen chemischen und vor allem günstigen Stoff zurückgreifen. Schließlich ist es ja nicht das ethische Bewußtsein, das bei Konzernen im Vordergrund steht, sondern in erster Linie der Profit, und der kann immer nur über billige Ersatzstoffe erzielt werden.
Aber ist es dann nicht kostenintensiver, wenn ich meine Kosmetikprodukte unter deiner Anleitung selber herstelle?
Langfristig gesehen nicht, da ist es schon günstiger, als wenn man sich die Produkte selbst kauft. Natürlich muss man sich erstmal eine gewisse Basis an Inhaltsstoffen und Utensilien zulegen. Bei meinen regulären Workshops ist das aber kein Problem, denn alle Materialien und Arbeitsgeräte sind immer in der Kursgebühr enthalten. Grundsätzlich dienen meine Kurse ja auch dazu, für sich herauszufinden, wie sehr man sich auf das Thema einlassen möchte.
Nun hast du ja früher sicher auch konventionelle Kosmetik benutzt. Konntest du denn für dich, seitdem du das aufgegeben hast, positive Veränderungen wahrnehmen?
Auf jeden Fall. Es ist tatsächlich so, dass meine Haare besser wachsen, mehr glänzen und auch voller sind, seitdem ich mir mein Shampoo selber mache. Es ist nämlich so, dass aggressive Tenside das Haarwachstum leider einschränken und Haare wie Kopfhaut stärker austrocknen. Auch mein Hautbild hat sich dadurch verbessert. Die Haut sieht feinporiger und gesünder aus. Das stärkt natürlich auch das Selbstbewußtsein.
Würdest du sagen, dass du manche Dinge jetzt mit anderen Augen siehst?
Unbedingt. Es ist einfach etwas ganz anderes, wenn ich ein Pflegeprodukt benutze, das ich selbst hergestellt habe. Ich weiß genau, was da drin ist, und ich finde, da kann man stolz drauf sein. Es macht ja auch Spaß, sich seine Produkte selbst herzustellen; es macht Spaß zu experimentieren; es macht Spaß, etwas dazuzulernen. Und es tut gut zu wissen, dass man damit die Umwelt schützt und unglaublich viel Abfall reduziert, indem man auf die vielen Plastikverpackungen verzichtet. Nicht zuletzt geht man plötzlich mit ganz anderen Augen durch den Drogeriemarkt oder durch die Parfümerie, weil man sich nun besser auskennt, sich nicht mehr so leicht von irgendwelchen Werbeversprechen blenden lässt, sondern das Ganze mit kritischen Augen hinterfragt. Und letzten Endes wird man merken, dass man überhaupt nicht so viele Produkte braucht, wie die Industrie uns aufschwatzen will.
Kann man dann vielleicht sogar behaupten dass die Herstellung eigener Kosmetik in gewissem Sinne auch eine Form von Emanzipation darstellt?
Da kann ich nur zustimmen. Ich befreie mich von der Kosmetikindustrie, die mir immer wieder einredet, ich bräuche dies, das und jenes, um mich besser, schöner, schlanker und attraktiver zu fühlen. Ich bin aber auch ganz einfach nicht mehr davon abhängig, regelmäßig in den Drogeriemarkt zu rennen. Und ich kann mir ganz easy an einem Sonntag mal eben mein Shampoo selbst herstellen, wenn es aufgebraucht ist, weil ich völlig unabhängig bin von irgendwelchen Ladenöffnungszeiten.
Glaubst du, dass dein Thema in der Lage ist, auf die Influencerkultur einzuwirken? Gerade junge Leute lassen sich da ja stark beeinflussen und die Kosmetikindustrie nutzt das nach allen Regeln der Kunst für sich.
Das wäre natürlich ein ganz ganz großer Wunsch von mir, gerade junge Leute dafür zu sensibilisieren, wie viele Schadstoffe in Kosmetik stecken können. Influencer mit einer dementsprechenden Reichweite haben eine besondere Verantwortung, wenn sie für Produkte werben oder sie empfehlen. Denn es ist nun mal einfach so, dass viele ihrer Follower, viele junge Mädchen und Teenager, es im Regelfall nicht weiter hinterfragen, wenn eine bekannte, erfolgreiche Bloggerin etwa eine Gesichtscreme als gut bewertet oder gar als eigene Marke vertreibt. Gerade junge Haut ist besonders empfindlich und anfällig für Störungen. Produkte, die zum Beispiel Parabene mit hormonähnlicher Wirkung beinhalten, beeinflussen den weiblichen Körper, der gerade erst dabei ist, sein Hormonsystem voll auszubilden. Da ist alles noch gar nicht richtig im Einklang und wird durch solche Einflüsse massiv gestört. Eine Folge davon ist, dass die Periode bei jungen Mädchen immer früher einsetzt. Das ist also nicht zu unterschätzen. Es wäre deshalb ganz wichtig, dass insbesondere Influencer über die Hintergründe von Inhaltsstoffen Bescheid wissen und sich ihrer Verantwortung bewusst sind, wenn sie bestimmte Produkte empfehlen oder vermarkten.
Gibt es weitere Folgen bei jungen Menschen, von denen man weiß?
Leider eine Menge. Bei männlichen Jugendlichen etwa wirken sich bestimmte Inhaltsstoffe negativ auf die Spermienqualität aus. Und das verbessert sich auch nicht mehr, wenn die betreffenden Produkte abgesetzt werden. Das Resultat sehen wir bereits, denn die Zahl der Unfruchtbarkeit bei jungen Männern in Europa steigt massiv. Das ist ein Riesenproblem. Aber auch das ungeborene Leben ist betroffen. Wenn werdende Mütter Produkte benutzen, die Parabene mit hormonähnlicher Wirkung beinhalten, können die Schadstoffe auf den Fötus übergehen und zum Beispiel Missbildungen der Geschlechtsorgane bewirken. Generell steigt zudem das Risiko, an Krebs zu erkranken. Längst wurden in Krebsgeschwüren Schadstoffe festgestellt, die in der Kosmetikindustrie zum Einsatz kommen. Und das ist den meisten Verbrauchern nach wie vor überhaupt nicht bewusst. Schließlich geht zunächst einmal niemand davon aus, dass Produkte, die man im Drogeriemarkt kauft, einen derart massiven Einfluss auf unseren Körper haben können. Auch ist es ein weit verbreiteter Irrtum zu glauben, die Wirkstoffe bleiben einfach auf der Haut und ziehen nicht ein. Das Gegenteil ist der Fall. Viele von ihnen dringen in unseren Körper ein und richten da einen nicht kontrollierbaren Chemiecocktail an, dessen Schaden noch gar nicht genau feststeht.
Das sind dann auch die Dinge, die du den Teilnehmern deiner Kurse mitteilst?
Genau, das ist Wissen, das ich vermittel. Zudem ist es mir ganz wichtig, darüber aufzuklären, welchen Einfluss Schadstoffe in Drogerieartikeln auf Natur und Umwelt haben. Pro Jahr spülen wir durch Kosmetikprodukte und Polyesterkleidung alleine in Deutschland geschätzte 330 Millionen kg Mikroplastik in den Abfluss. Eine unfassbare Zahl! Und da sind andere schädliche Bestandteile noch gar nicht mit eingerechnet. Dass es für diesen Zusammenhang bislang keine gesetzliche Regelung gibt, ist aus meiner Sicht eine bodenlose Frechheit. Hinzu kommen die ganzen Tenside, die schlecht sind für das Ökosystem und unser Wasser verunreinigen. Duftstoffe können nicht abgebaut werden können und schädigen die Wasserorganismen. Das Gleiche gilt für Silikone, die aus Erdöl bestehen. All das befindet sich aber in unseren Kosmetikartikeln, unseren Cremes, Shampoos und Lotionen. Man kann also leider sagen, mit jedem Gang ins Badezimmer verschmutzen wir unsere Umwelt. Damit müssen wir aufhören!
Klischeehaft geschätzt, ist der Großteil deiner Kunden sicher weiblich. Macht es aber nicht genauso Sinn, dass auch Männer einen Workshop bei dir besuchen?
Es ist eigentlich ganz einfach: Männer benutzen nun mal auch jeden Tag Drogerieprodukte wie Zahnpasta, Shampoo, Deo, Waschmittel. Insofern sind Männer genauso betroffen wie Frauen. Aber ich biete auch ganz konkret spezielle Kurse für Männer an, weil Männerhaut schon ein bisschen anders ist als Frauenhaut. Zudem gibt es Produkte, die ausschließlich für Männer interessant sind, etwa im Fall von Bartpflege.
Da du eben ausführlich auf die spezifischen Probleme bei jungen Menschen eingegangen bist: Hast du auch spezielle Kurse für Teenager im Programm?
Absolut, und ich finde es besonders spannend, Workshops für junge Menschen durchzuführen, für Teenager, die in einem bestimmten Alter ohnehin ein besonderes Interesse haben, sich mit Kosmetik zu beschäftigen. Oft ist das Selbstwertgefühl vielleicht nicht so hoch, und das wird seitens der Industrie natürlich mit allen möglichen Mitteln zu pushen versucht. Deshalb ist es mir gerade wichtig, Jugendliche darüber aufzuklären, was es für Alternativen gibt. Und ich will ihnen zeigen, dass es Spaß macht, seine eigenen Produkte herzustellen. Wenn man dann zusammen mit mehreren Freundinnen einen Workshop bei mir besucht, ist das ein gemeinsames Erlebnis, denn bei mir gibt es keinen langweiligen Vortrag, sondern man bekommt ein echtes Event, bei dem man Spass hat und eine gute Zeit. Und insofern ist das eine perfekte Kombination und eine runde Sache.
[Auszug aus einem Interview mit „Overnight“ (01/18)]